Roland Munz

Politpensum

Arbeitsaufwand als Politiker

Herbstsession der eidgenössischen Räte. Eine Nationalrätin fällt für Monate burnoutbedingt aus. Ein Mitglied des selben Parlamentes erleidet einen Schwächeanfall. Offenbar nicht weit von einer überlastungsbedingten Krise entfernt lässte eine Kantonsparlamentarierin verlauten, sie müsse sich für ein paar Wochen zurück ziehen. Aus dem Zürcher Kantonsrat sind mir selber einige Fälle nicht publik gewordener akuter Krisen bei Ratskolleginnen und Ratskollegen bekannt. Auch ich war davon schon betroffen. Die Frage drängt sich auf: Ist ein Politmandat noch als Nebenbeschäftigung, als reines Hobby, zu betreiben?
Meine Position dazu ist auf Grund meiner Beobachtungen und eigenen Erfahrungen klar: Wer gewissenhafte Parlamentspolitik betreibt, kann unmöglich daneben noch einer beruflichen Vollzeitbeschäftigung nach gehen! Dies gilt ganz sicher für die eidgenössische Ebene, aber seit einigen Jahren mit der wachsenden Komplexität der Geschäfte auch für die Kantonale Politik, zumindest im Kanton Zürich.

Das folgende Beispiel zeigt eine typische Polit-Arbeitswoche von mir auf.

Montag 08 - 12 Sitzung Kantonsrat (KR)
13 - 16 Fraktionssitzung
17 - 19 Vorstand Parteisektion
Dienstag 15 - 18 Vorbereitung Kommissionssitzung vom MI
19 - 22 Parteiversammlung
Mittwoch 10 - 12 Einsichtnahme Protokoll EKZ-Verwaltung
13 - 17 Sitzung Kantonsratskommission AWU
Donnerstag 18 - 21 Veranstaltung MV Zürich
Samstag 10 - 12 Standaktion Schwamendingerplatz
Sonntag 12 - 17 Gast an einer Sportveranstaltung im Wahlkreis
17 - 20 Vorbereitung KR-Sitzung vom Montag

Zu den definierten Terminen gesellen sich hier nicht aufgeführte aber notwendige Arbeitsstunden, die ich täglich einplanen muss zur Weiterbildung, damit ich den verschiedensten Themen der Parlamentsarbeit gerecht werden kann. Zum Beispiel: Als Mitglied der Aufsichtskommission über die wirtschaftlichen Unternehmungen des Kantons (AWU) muss ich den Verantwortlichen bei der Kantonalbank, den Elektrizitätswerken und der Gebäudeversicherung auf Augenhöhe begegnen können, damit ich deren Tätigkeiten wirklich verstehen und kritisch hinterfragen kann. Das Debakel bei der Beamtenversicherungskasse BVK war in dem Ausmasse nur möglich, weil es an kompetenter Aufsicht gemangelt hat. Ich würde es mir nie verzeihen, müsste eines Tages festgestellt werden, dass auch unsere Aufsichtskommission nicht genügende Aufsichtsleistungen erbracht hätte.

Obigem Wochenplan könnt Ihr entnehmen, dass nicht sehr viel Zeit zwischen den politischen Verpflichtungen frei bleibt zur Erwerbsarbeit. Und dabei handelt es sich beim abgebildeten Wochenkalender noch nicht einmal um eine besonders Politintensive Woche, wobei es natürlich auch ruhigere Wochen gibt. Als alleinstehende Person mit eher bescheidenem Lebensstil sehe ich es als Privileg, mir das derartige Politisieren erlauben zu können. Wer jedoch auf eine volle Berufstätigkeit angewiesen ist um z.B. eine Familie zu ernähren, kann kaum vermeiden über kurz oder lang an die Belastungsgrenzen zu stossen.

2012 © by rolandmunz.ch